Unbemerkte Fotografie
Nicht gestellte Bilder sind bekanntlich die ehrlichsten Fotos. Beispielsweise auf einer Hochzeit entstehen so Bilder, die den Ablauf realitätsnah wiedergeben. Die Gäste wissen, ein Fotograf nimmt sie sporadisch auf. Stellt er sich gut an, wird er kaum bemerkt und das wirkt sich gleich auf die Glaubwürdigkeit der Fotostrecke aus. Dennoch, die Hochzeitsgesellschaft und ganz besonders das Brautpaar wissen, dass da jemand mit der Kamera herumschlicht und sie jederzeit fotografieren könnte. Man schaut also, wie man dasteht, sich bewegt, auch die Mimik darf nicht entgleisen. Also bleibt doch ein kleiner Rest, der sich nicht ganz in die ungestellte Fotowiedergabe einreiht. Dennoch ist eine Hochzeitsreportage gut fotografiert, bereichert das die Natürlichkeit enorm. Noch mehr Authentizität bringen solche Bilder mit, die das Handeln gänzlich unwissender Menschen zeigen. Beispielweise sich auf der Straße unterhaltende Personen, oder an einer Bushaltestelle sitzende Rentner. Auch spielende Kinder bewegen sich frei, wenn sie keine Kamera erahnen. Auch dem Fotografen entgegenkommende interessante Menschen können ein sehr gutes Bild abgeben. Die Schwierigkeit an solche komplett nicht gestellten Bilder zu kommen, wächst mit abnehmender Distanz zwischen Kamera(mann) und Objekt. Da gibt es einen bewährten Trick, durch den mir an schon vielen Orten einzigartige Situationen entstanden sind. Mit der Leica m8 und einem 35mm Objektiv hab ich begonnen, Menschen aus der Situation heraus zu fotografieren, gerade weil sie nicht weit entfernt waren und so viel mehr Persönlichkeit im Bild steckte. Dazu legte ich den Kameragurt um den Hals, die Kamera hing vor dem Bauch. Etwas Druck auf die Kamera spannte den Gurt und führt zu einer nur noch geringen Eigenbewegung dieser. Das manuelle Objektiv wurde so eingestellt, dass mit einer kleinen Blende ein möglichst großer Schärfebereich erreicht werden konnte. Dennoch darf man die Belichtungszeit nicht außer Acht lassen, denn ich als Fotograf bewege mich und die mir entgegenkommenden Menschen bewegen sich. Und das nicht gleichmäßig. Tageslicht und eine hohe Sensorempfindlichkeit wiegen die kleine Blende und die schnelle Belichtungszeit von >1/1000 sek. also auf. Heraus kommen Bilder, wie sie nicht besser aus dem Leben gegriffen werden können.